Tiergestützte Heilpädagogik
Der Kontakt zu Tieren ist etwas besonderes. Hund und Pferd besitzen einen hohen Aufforderungscharakter für den Menschen, so dass die meisten gerne mit ihnen zusammen sind. Die vollkommen anderen Rahmenbedingungen am Pferdehof als üblicherweise in Therapiesituationen ziehen Kinder und Jugendliche schnell in ihren Bann. Selbst therapieresistente Kinder begeistert sich oft schnell für die Heilpädagogik mit tierischen Helfern.
Heilpädagogik mit Pferd
Insbesondere das Pferd übt auf viele Menschen eine große Faszination aus. Dies kann bereits vom Boden aus erlebt werden, beispielsweise beim Putzen, Führen oder auch schon beim Beobachten. In der Heilpädagogik mit Pferd geht es daher in erster Linie nicht um das Reitenlernen an sich. Für die Kinder sind der Umgang und der Kontakt mit dem Pferd bereits wichtg. Aber auch das Getragenwerden, sich auf das Pferd zu konzentrieren und intensive Wahrnehmungserfahrungen durch Bewegung, Wärme, Geruch, etc. zu machen, wirkt entwicklungsfördernd. Insbesondere das Selbstbewusstsein wird beim Umgang mit dem Pferd gestärkt. Die positive Wirkung erfolgt ohne Leistungsdruck, allerdings mit festen Regeln zum sicheren Umgang und zur Unfallverhütung. Diese Regeln akzeptieren die Kinder meist besser, weil sie ganz konkret Sicherheit vermitteln. Außerdem verstehen die Kinder sofort den Sinn.
Kommunikative und soziale Lernmöglichkeiten
Die Kommunikation zum Pferd ist viel elementarer und weniger vielschichtig als eine zwischenmenschliche Beziehung. Durch die Faszination vom Tier, den hohen Aufforderungscharakter und angeleiteter Beobachtung lernen Kinder die einfache Kommunikationsmuster schnell. Gelingt die Kommunikation zum Tier, können Kinder die neu gewonnen Fähigkeiten auf den Kontakt zu Mitmenschen übertragen lernen. Insbesondere Kinder mit Autismusspektrum-Störung profitieren davon.
Pferd und Hund in der heilpädagogischen Behandlung
Ein Tier kann sich in der Heilpädagogik ferner als Helfer bewähren, in dem es das gemeinsame Erleben von Heilpädagogin und Kind positiv prägt. Das Tier ist neutral. Es urteilt und bewertet nicht. Tiere sind Natur und erlauben ihrem menschlichen Gegenüber ebenfalls Natur zu sein. Diese Tatsache bewirkt Entspannung, da der Kontakt nicht durch Erwartungen belastet wird und das Kind nicht das Gefühl hat, sich verstellen zu müssen. In psychologischen Untersuchungen konnte außerdem festgestellt werden, dass allein die Anwesenheit eines Tieres schon blutdrucksenkend, kreislaufstabilisierend und stressreduzierend wirkt. (Vgl. Katcher A. H. / Beck A. M.: Sicherheit und Vertrautheit. Physiologische und Verhaltensreaktion auf die Interaktion mit Haustieren.)
Mensch-Tier-Kontakt ohne Behinderung
Außerdem kann das Kind ein Gefühl des Angenommen-Seins durch das Tier bekommen aufgrund seiner Neutralität. Das Tier empfindet kein Mitleid. Deshalb kann es einem behinderten Menschen keine Sonderbehandlung geben. Ferner geht das Tier keine Kompromisse ein und unterscheidet nicht nach Behinderungsformen oder äußerem Erscheinungsbild (Vgl. Marianne Gäng: Heilpädagogisches Reiten und Voltigieren, 1994, S. 98). In diesem bedingungslosen Mensch-Tier-Kontakt bleibt eine Behinderung weitgehend im Hintergrund. Sie besteht letztlich in der Wirklichkeit dieses Kontakts nicht. Für das Erleben des behinderten Kindes und sein Selbstbild ist das entscheidend. Dabei erlebt das Kind, dass seine Behinderung nur situationsbedingt störend ist. Nicht seine Person an sich ist behindert. Es leiden auch Umwelt und Mitmenschen unter der ihnen eigenen Behinderung, mit der Beeinträchtigung nicht umgehen zu können. (Vgl. Emil Kobi: Grundfragen der Heilpädagogik, 1993, S. 59 ff.)